Nichts Verborgenes/Nichts ist verborgen sind die Titel einer zweiteiligen
Arbeit.
Zu Beginn in Nichts Verborgenes, dem chronologisch ersten Blatt, wollte ich
nur über ein großes Blatt Linien ziehen, die aus Einzelelementen zusammen
gesetzt werden, aus dem Unterstrich der Schreibmaschinentastatur.
Das Repetitive, fast Monotone der Arbeit an dem Blatt versuchte ich zu
strukturieren.
Ich versuchte in vollem Bewußtsein zu arbeiten; die Anschläge pro Linie zu
zählen (die sich von Linie zu Linie unterschieden, da der Wagen der
Schreibmaschine dem Bedienungstempo nur einer Taste kaum gewachsen
war, so dass ich an manche Stellen überschrieb oder ausließ); die Tage an
denen ich arbeitete, mit Bleistift in die Arbeit einzuzeichnen; arbeitete Linie
nach Linie alternierend mit der linken und der rechten Hand.
Der Titel der Arbeit fiel mir ein, als ich den ersten Fehler gemacht und eine
Nebentaste angeschlagen hatte (§). Ich entschied mich weiter zu arbeiten,
kein neues Blatt zu beginnen, eben nichts zu verbergen, sondern das Blatt als
eine Dokumentation der Arbeit zu betrachten:
Anschlagen einer Taste.
Kein symbolischer Akt. Keine Symbolvermittlung eines Computers. Keine
Referenz, auch nicht, obwohl ich mit einem arbeitete, die eines Zeichens.
Sondern die Darstellung einer Wirklichkeit, das Anschlagen einer Taste, den
Tag, die Häufigkeit des Anschlags.
Der zweite Fehler war ein Maschinenfehler, die ständige Vibration der Tastatur
ließ die Hochstelltaste rausrutschen, statt des Unterstrichs drückte ich 8.
Die Zeit, die ich an der Maschine saß, war noch nicht Teil der Arbeit. Ich
entschloss mich ein Doppel herzustellen, ein weiteres Blatt voller aus
Unterstrichen zusammen gesetzter Linien, deren jeweilige Entstehungszeit ich
stoppte, die sich von Linie zu Linie unterschied.
So entstand Nichts ist verborgen als Komplementär, als Doppel oder auch
als Spiegel des ersten Blattes, es ist natürlich kein Copy/Paste. Das Doppel
ist eigenständig. Es hat keinen Fehler. Ich bezeichne es aber als Verdopplung.
Die jeweiligen Entstehungszeiten stehen in Bleistift geschrieben auf den
Linien, die Gesamtzeit am Ende des Blattes, der erste Tag der Arbeit am
Anfang der ersten Linie, der letzte am Ende der letzten.
Ich verstand beide Blätter als Dokumente verflossener Zeit, die ich bewußt,
d.h. dargestellt, aus meiner Lebenszeit herausnahm um sie diesem Projekt
einer Dokumentation zu widmen. Diese Zeit ist unumkehrbar, nie wieder
einzuholen, für anderes zu verwenden. Dieses Schreiben zeigt mein
Fortschreiten auf mein Ende zu.